[Freifunk-Bonn] Bitte kein Auto-Update // War: Re: Nächstes Treffen: 04.01.2018 im Netzladen in Bonn, Breite Straße 74, 20:00 Uhr

yanosz freifunk at yanosz.net
Mi Jan 3 18:22:58 CET 2018


Hallo,


Am 2018-01-03 um 17:35 schrieb edgar.soldin at web.de:
> On 03.01.2018 17:09, yanosz wrote:
>> Hallo,
>>
>>
>>
>> Am 2018-01-03 um 17:04 schrieb edgar.soldin at web.de:
>>> On 03.01.2018 16:41, yanosz wrote:
>>>> Die
>>>> Hoheit über seinen Knoten liegt bei UserIn.
>>>
>>> und was wenn UserIn die hoheit gerne abgeben möchte? weil das vertrauen da und/oder der sachverstand gering ist.
>>> also pauschal zu sagen: das verträgt sich nicht (AutoUpdate vs. Freifunk), kann ich so nicht nachvollziehen. auch nicht nach lektüre von
>>>   https://blog.freifunk.net/2015/01/28/eine-note-zu-freifunk/
>>> .
>>> insbesondere da die funktion ja de/aktivierbar ist und somit _niemand gezwungen_ wird autoupzudaten[1].
>>
>> Wichtige Projektziele von Freifunk sind:
>> - Sachverstand durch Wissensvermittlung zu erreichen
>> - Den Grundsatz "Misstraue Autoritäten" zu vermitteln
> 
> na super. das hilft dem flüchtling ohne internet ungemein, der adhoc einfach nur kontakt zu seiner familie im ausland halten möchte.

Das sehe ich anders: Indem Freifunk diese Ziele verfolgt, befähigt es
Menschen, selbst zu bauen.

Ich finde, es geht bei Freifunk nicht darum, eine möglichst effiziente
Technik für große Netze zu entwerfen sondern Menschen zu ermöglichen,
Ihr Netz zu bauen. Deswegen sind diese beiden Ziele super wichtig.

Wichtig ist eine funktionierende Community, die Wissen vermittelt und
das Projekt weiter trägt. Es braucht Leute, die z.B. bereit sind, Doku
zu schreiben, Treffen zu organisieren (auch überregional) und auf
Bildungseinrichtungen (Schulen, Jugendzentren, etc.) zuzugehen.

Technisch gesehen gerät das Netz in eine Schieflage, wenn es weiter
wächst, ohne dass im gleichen Maße neue Leute dafür bereit sind, sich um
den Betrieb zu kümmern. Es ist wichtig, dass der Betrieb des Netzes
nicht von einer kleinen Gruppe aus Administratoren abhängt:
Viele kleine Router, die ein Gäste-WLAN innerhalb eines Wohnzimmers
spannen werden schnell zu einem Skalierungsproblem.

Daher finde ich die beiden Ziele existentiell wichtig: Einerseits
befähigt es Menschen, nicht auf Administratoren angewiesen zu sein,
anderseits bewahrt es die Administratoren davor, dass Ansprüche an
Service, Versorgungssicherheit, etc. gestellt werden.

Auf diese Weise helfen die Projektziele: So entsteht ein Netz, indem ein
Flüchtling Kontakt mit seiner Familie im Ausland halten kann.

Ein gutes Freifunk-Treffen ist ein Hands-On-Workshop, bei dem jede /
jeder lernt, wie er den Router aufstellt, installiert, aktuell hält und
sich auf der Mailingliste einträgt. Mit viel DIY und Spaß am Gerät.

Bei einem guten DIY-Workshop-Narrativ kommt niemand so schnell auf die
Idee, die Hoheit abgeben zu wollen oder überfordert zu sein:
Kommt jemand Abends in den C4 um einen fertigen Router zu kaufen, so ist
die Chance groß, dass sie bzw. er vor Linux-Notebook samt Router mit
Stock-Firmware landet und alles selber macht.

> ist freifunk neben Wissensvermittlung und Sensibilisierung nicht auch
>   "Ungehinderte Verbreitung von Wissen und Ressourcen"
>    https://freifunk.net/worum-geht-es/vision/?
> 
>> Wenn eine UserIn die Hoheit abgeben möchte, kann Sie gerne zu Hotsplots
>> / The Cloud / etc. wechseln.
>>
>> Wenn wir diese Projektziehe aufgeben ist das Projekt gescheitert.
> 
> ist es nicht. 

Siehst Du, dass wir sie aufgeben?

> denn freiheit ist auch immer die freiheit des einzelnen zu entscheiden was er mit seiner freiheit macht. und wenn die entscheidung lautet autoupdate zu benutzen, den haken im config-mode anzulassen/-zuschalten, dann haben _alle_ anderen das zu respektieren.

Korrekt. Aber das bedeutet nicht, dass es gut für die Projektziele ist,
einen solchen Service anzubieten.

Es hat nichts mit der Bevormundung eines Benutzers zu tun, wenn wir uns
entscheiden einen Service zur Wartung eines Routers nicht anzubieten;
ich argumentiere dafür, es nicht zu tun. Gleichzeitig schlage ich Leuten
(wie auch Flüchtlingsunterkünften) vor, zu kommerziellen Anbietern zu
wechseln, wenn Sie diese Dienstleitung haben möchten.

> wer knoten aufstellt übernimmt auch ein stück verantwortung und dazu gehört eben auch autoupdate zu nutzen oder nicht. 
> theoretisch kann man auch einen schritt zurückgehen und fragen: warum sollte der neuling vor dem ersten flashen überhaupt den fertigen images vertrauen, wer sagt ihm, dass die koscher sind? hat die schonmal jemand gegengeprüft? so auf herz und nieren? und der gluon quellcode auf github, könnte ja auch gehackt sein worden zwischendurch.

Hui. Ich hab' über Jahre Gluon (damals noch die
Freifunk-Lübeck-Firmware) auseinander genommen, getestet, patches
vorgeschlagen und hinterfragt. Andere haben Patches für OpenWRT
eingereicht. Viele Dinge in OpenWRT / LEDE / Luci sind von
Freifunkerinnen und Freifunkern entstanden. So funktioniert unser Ökosystem.

Wir haben schon im C4 workshops zum build von gluon, minimal-Setups
(Lede basis) und eigenen Supernodes gemacht.

Natürlich braucht's einen guten didaktischen Narrativ, einen Neuling
nicht gleich zu verschrecken, aber wir verzichten nicht auf ein
entsprechendes Angebot.

> menschen in die wüste (zu kommerz. Hotspotdiensten) zu schicken nur weil sie technisch nicht fähig oder per se unwillig sind sich mit der materie auseinanderzusetzen (was ihre absolut persönliche _freie_ entscheidung ist) wäre das gegenteil von frei nämlich unfrei und exklusiv.

Kommerzielle Hotspot-Dienstleister find' ich nicht per-se böse oder
schlecht. Ich find's definitiv nicht verkehrt Sysadmins oder
Dienstleister für Ihre Dienste zu bezahlen.

Für mich ist Freifunk ein Projekt, bei dem sich die Freifunkas mit der
Materie auseinandersetzen. Nicht mit dem Anspruch, sie völlig zu
durchdringen, aber mit dem Ziel schritte dorthin zu machen.

Ich seh' kommerzielle Hotspot-Dienste auch eher als Ergänzung zu
Freifunk und nicht als Konkurrenz oder Alternative.

IMHI: Freifunk ist kein Hotspot-Dienstleister, bei dem der
Wartungsvertrag nichts kostet.

> mir ist klar, dass das thema für Dich grössere dimensionen hat und wir da wahrscheinlich nicht zusammenkommen werden. aber auch das ist ein teil der freiheit des einzelnen, im freifunk, wie in der freien gesellschaft und konflikte darüber wie es weitergeht werden dann halt demokratisch über mehrheitsabstimmungen und/oder abspaltung eigener projekte gelöst.

Wir Diskodianer werden da schon auseinanderhalten.

Gruß, yanosz

-- 
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