[Freifunk-Bonn] Kanal 1?

Rougu freifunk at hallo-diet.de
So Jul 20 22:51:26 CEST 2014


Hallo zusammen,

 >> Zudem werden wir in vielen Fällen keine Probleme lösen: Bei lediglich
 >> 3 Überlappungsfreien Kanälen im 2.4 GHz gibt es keine wirklich
 >> "freieren“ Kanäle
 >
 > Meine Beobachtung ist, dass im „mittlere“ Kanal weniger los ist (und 
dass auf „unserem“ Kanal massenhaft die populären Fritzboxen funken).
 > Wenn dem so ist, bin ich weiter stark dafür, auf diesen zu wechseln.
 >
 > Gibt es dazu noch andere Meinungen?



Ja. Ein Kanalwechsel ist keine gute Idee! Und es ist nur eine 
durchschnittliche Verschlechterung zu erwarten.

Und ich möchte da ein bisschen ausholen:


1. Wie Jan bereits sagte und vielen bekannt ist, gibt es nur 3 bis 4 
überlappungsfreie Kanäle:

US-Frequenzbänder (1-11 verfügbar): 	1,6,11
EU-Frequenzbänder (1-13 verfügbar):	1,5,9,13

Wenn ein WLAN-Knoten mit OFDM-Modulation (i.e. 802.11g/n, nicht 802.11b) 
auf Kanal n sendet, dann ist das die Mittenfrequenz.

Bei 20 MHz Kanalbandbreite sind die Kanäle n-2 .. n+2 vom Sender auf 
Kanal n "belegt".

Der Knackpunkt ist:

-  Wenn Nachbarn nicht überlappungsfrei senden, dann bedeutet das 
Interferenz und Sendeversuche werden immer wieder abgebrochen und nach 
einem zufallsgesteuerten Zeitfenster erneut probiert, bis im Zeitschlitz 
gerade keiner die belegte Bandbreite verseucht.

Ergebnis: schlechter Gesamtdurchsatz auf dem Sendekanal mit 
unkalkulierbaren Abbrüchen.

+ Wenn Nachbarn sich sehen können, oder wegen der hohen WLAN-Dichte 
sehen müssen, dann besser auf demselben Kanal (gleiche Mittenfrequenz). 
Dann können die Stationen sich logisch sehen: Noise wird zu Signal. Sie 
können dann gegenseitig die Signale dekodieren und werden sich über 
Beacons abstimmen, wer als nächstes senden darf.

Ergebnis: geringerer Durchsatz als ohne Nachbarn, aber kontrolliertes 
Sendeverhalten, ausser bei sehr alten Chipsätzen, die sich Bandbreite 
"krallen".




2. Was ist jetzt der beste Default-Sendekanal:

Am besten einer, der bei beliebiger Einstellung der Nachbarn die 
geringsten Störungen durch Interferenz (nicht gleiche Mittenfrequenz) 
verursacht!

Welchem Ausweichschema bei belegten Kanälen folgt der Nachbar?

1,6,11 oder 1,5,9,13? Oder einer "Empfehlung" auf 2,3,4,5,7,8,10,12,13? 
Das weiß keiner, und daher sind alle Ausweichkanäle unsicher gegenüber 
Interferenzen.

Kann ich überhaupt alle Nachbarn sehen?

- Nein! Prominentes Beispiel: Die schicken SONOS-Geräte: bauen ein Mesh 
mit 20 MHz Kanalbreite mit festen Schema 1,6,11 bei versteckter SSID auf!
- Nochmal nein! Nicht die Bluetooth-Devices, die im gleichen 2,4 
GHZ-Bereich senden, nicht die Babyphones im 2,4 GHz-Bereich, nicht die 
Wetterstationen mit wenig klar beschriebener "Funktechnik" (sprich 
802.11b/g/n)


Synthese:
- Geringstes Risiko gegenüber wilder Intererenz?
- Beste Chance auf gleichen Mittenfrequenz: logische Sichtbarkeit und 
Protokollabsprachen möglich?

Das ist NUR bei Kanal 1 der Fall!

(Deshalb sind viele Geräte per Default auf Kanal 1 eingestellt.)



3. Und die "Krätze am Hals" kommt dazu:

Wenn ein WLAN-Chipsatz mit 802.11n auf 300 MBit/s konfiguriert ist 
(HT40+ oder HT40- in OpenWRT-Terminologie), versucht der Sender die 
eingestellte Mittenfrequenz und den darunter (HT40-) oder darüber 
(HT40+) liegenden überlappungsfreien, nächsten Kanal mit zu belegen, um 
ingesamt 40 MHz Kanalbandbreite zu erzielen.

Fritz!Boxen in Defaulteinstellungen, egal auf welchem Sendekanal, 
versuchen genau das: erfolglos.


A propos Messungen und Tools zur Analyse von WLAN-Kanälen: hier gibt es 
viel Schrott, und die meisten automatischen "Empfehlungen" für bessere 
Kanalwahl sind blanker Unsinn!

Wer ein Betriebssystem/Treiber mit Kanalbündelung hat, der kann mit 
InSSID (z. B. unter Win7) genau beobachten, wie Fritz!Boxen versuchen, 
Kanalbündelung einzuschalten (Belegung von 10 benachbarten Kanälen!!), 
und bei entsprechender Dichte von Nachbar-WLANs diesen Versuch gleich 
wieder abbrechen, nur um das kurze Zeit später wieder zu versuchen. Ein 
völlig unsinniges Setup bei hohen WLAN-Dichte!

Wer glaubt denn im Ernst, bei 5..20 sichtbaren WLANs ganze 10 
benachbarte Kanäle allein und sinnvoll nutzen zu können. Das ist nur ein 
Werbegag!



4. Best Practise Approach:

- Sprecht Euch mit Euren WLAN-Nachbarn ab und vereinbart einen 
Frequenzplan. Laien könnt Ihr durch das Setup Ihres WLAN-Routers führen, 
damit das umgesetzt werden kann.

- Die Sendekanäle werden fest eingestellt. Bei automatischer Kanalwahl 
weichen sich WLAN-Nodes ständig gegenseitig aus, und das 
Frequenz-Hopping ist ohne WLAN-Controller chaotisch.

- Die stärksten Nachbarsender sollten auf überlappungsfreien Kanälen 
1,5,9,13 senden, bei entfernteren werden dieselben Kanäle neu vergeben.

Wer SONOS oder andere US-Fabrikate mit festen Kanalraster 1,6,11 hat, 
muss entweder SONOS auf Kanal 1 festnageln oder den Frequenzplan auf 
1,6,11 ausrichten.

- Alle beschränken sich auf 150 MBit/s (= 20 MHz Kanalbandbreite). Wie 
oben beschrieben, funktioniert die Kanalbündelung sowieso nur sporadisch 
und zuverlässig. Nur auf dem flachen Land ist das eine Option!

- Reduziert die Sendeleistung auf das Notwendige, um Eure Fläche 
abzudecken. Das verringert die Reichweite der Interferenzen und erhöht 
den Gesamtdurchsatz des Kanals.

- Werft alte 802.11b/g-Geräte auf den Schrott! Mit MIMO (802.11n) gibt 
es bessere Reichweite bei gleicher Sendeleistung, oder gleiche 
Reichweite bei geringerer Sendeleistung (!).

- Keine gleichen SSIDs bei verschiedenen Netzen. Clients sollten nicht 
versuchen, sich mit verschiedenen WPA2-Schlüsseln an gleichnamigen SSIDs 
anzumelden. (Praxisbeispiel: Netcologne Kabelmodems/WLAN-Router mit 
Standard-SSID "Fritz!Box 6360 Cable")



Hier bei mir haben wir 20+ Parteien im Haus, die sich sehen können, und 
seitdem wir wie beschrieben verfahren, ist Ruhe an der WLAN-Front.

Viele Grüße,

Rougu



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